The Mission – The Brightest Light – Oblivion/SPV 2013

Von Matthias Bosenick (25.09.2013)

Weitere Wiedergänger: In ihrer dritten Inkarnation klingen The Mission nicht wie The Mission, und das, obwohl die bis kürzlich noch Ausrangierten beinahe in Originalbesetzung wiederkehren. „The Brightest Light“ kann man beim besten Willen nicht mehr wie früher noch vorwerfen, es sei der mittelmäßige Versuch von The Mission, U2 zu kopieren. The Mission lassen die vertrauten Effekte weg und rotzen ihr Album einfach nur raus. Das ist Rockmusik, nicht mehr und nicht weniger. Die Band startet ihr Album angepisst und beendet es erschöpft. Das ist gut, erfüllt aber vermutlich nicht die Erwartungshaltungen an ein gruftrockiges The-Mission-Album. Je nun, da muss man sich wohl dran gewöhnen.

Wayne Hussey ist ein Querkopf, er lässt sich nichts vorschreiben. Das war schon bei Dead Or Alive und den Sisters Of Mercy so, als der Gitarrist wegen ungeteilter Ideen der jeweiligen Bandchefs einfach ging und 1986 eben The Mission gründete, seinerzeit mit Craig Adams, Mick Brown und Simon Hinkler. Obwohl im Gothic Rock verwurzelt, verweigerte Hussey schon immer ein genrespezifisches Erscheinen, indem er etwa Neil Young coverte, orientalische Einflüsse aufnahm, mit Popmusik in die Charts kam und mehr. Querköpfig beendete er The Mission 1996 nach zwei erfolglosen Alben, um sie nicht minder querköpfig drei Jahre später zu reaktivieren. Vorliegendes Album beendet die zweite querköpfige Auflösung der Band vor drei Jahren. Immerhin macht Hussey es nicht wie Robert Smith oder Al Jourgensen, die alle Nase lang ein „letztes Album“ ihrer Bands The Cure und Ministry veröffentlichen.

Bis auf Mick Brown sind heute alle Gründungsmitglieder wieder an Bord, am Schlagzeug sitzt jetzt jemand namens Mike Kelly. Man könnte also meinen, dass die Band wieder so klingen müsste wie 1986, dass die Songs auf „The Brightest Light“ an Hits wie „Serpents Kiss“, „Garden Of Delight“, „Wasteland“ oder „Severina“ erinnern sollten. Das tun sie nicht. Stattdessen rumpeln The Mission los, als hätten sie widerwillig einen Job zu erfüllen, auf den sie eigentlich keinen Bock haben: angepisst, brachial, brutal, roh, rauh, keifend. Als würde die Band dem Publikum ins Gesicht rotzen: „Ihr wollt ein Album? Ihr sollt ein Album haben.“

Also, kaum Schnörkel, kein Kleister, keine Sanftheit, keine Melancholie. Zum Ende des Albums hin scheint die Band zwar ausgepowert zu sein, aber nicht kraftlos; resigniert, desillusioniert, aber immer noch wütend. Was für ein Brett, Rock’n’Roll, mit kleinen kompositorischen Details, hie und da wiedererkennbaren The-Mission-Sounds, deutlichen The-Mission-Melodien, aber eben kratzbürstig wie noch nie. Okay, es gibt Livedokumente, auf denen The Mission ihr eigenes Oeuvre mit ähnlicher Intensität zerrockten, etwa „Live MMVII“. Sperrig war in weiten Teilen auch „Children“, aber nicht so ein Klotz wie „The Brightest Light“. Damit vollführen The Mission eine Entwicklung, wie sie ihre Wegbegleiter Spear Of Destiny bereits vor vielen Jahren vollzogen: vom zugänglichen Gothic-Rock-Act mit Popappeal zum Rockbrocken. Und oh: Bei Spear Of Destiny spielte Mike Kelly auch schon mal.

Wer sich darauf einlässt, hat Grund zur Freude. Denn das Album macht Spaß. Und leicht machen es sich The Mission nicht, sie hätten als Wiedergänger auch einfach ein typisches Standardalbum abliefern können. Haben sie aber nicht. Also, kann man so machen, ist besser als eine schlichte Selbstkopie und dann auch noch für sich gesehen gut gelungen, also nicht einfach ein irgendwie neuer Weg, den sie nicht beherrschen.

Die limitierte Version mit der Bonus-CD lohnt sich übrigens: Darauf sind drei weitere Stücke enthalten, die feiner ausprodutziert und ebenso energetisch wie der Rest des Albums sind, sowie diverse Album-Tracks in Solo-Versionen von Wayne Hussey. Mit Akustik- oder E-Gitarre kommen diese Skizzen näher an den vertrauten melancholischen The-Mission-Sound heran. Teilweise finden sich diese Stücke auch auf der Doppel-LP. Das deprimierende Demo von „Ain’t No Prayer In The Bible Can Save Me Now“ begleitet The-Wonder-Stuff-Violinistin Erica Nockalls – ein traumhafter und würdiger Schluss. Wer etwas mehr zahlen will, kann auch den Pappkarton mit Doppel-CD, T-Shirt und Lenyard erwerben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert