Steamgenerator – Black As Coal – Steamgenerator 2019

Von Matthias Bosenick (28.04.2020)

Dat is en Dampfmaschin! Als Quasi-Extrakt der Bands Grief Of God und Inner Bleeding tritt das Wolfsburger Quintett Steamgenerator an, um den klassischen Doom der Siebziger mit neuem Leben zu füllen. Black Sabbath mit Ozzy Osborne klingen klar durch die sechs Tracks des Debüts, das sich mit Samples und atmosphärischen Keyboardeinsätzen dennoch in der Gegenwart zu verorten weiß und sogar vor einem Kraftwerk-Cover nicht zurückschreckt. „Black As Coal“ ist ein gelungenes Album, und nächstes Mal darf’s auch gern eine metalgroße Schippe mehr Dreck sein.

Das Tempo, so sagt es ein Sample im zweiten Track, habe gefehlt, um den Song gelingen zu lassen, und wenn dieser denn losgeht, dann erfüllt er nicht, was man nach dieser Ansage erwartet, sondern das Gegenteil, nämlich die Anforderungen an den Doom: Er schleppt sich dahin, anstatt zu beschleunigen. Heißt wohl: Steamgenerator verlangsamten den Song, um ihn in ihrem Sinne besser funktionieren zu lassen. Und er funktioniert gut, wie das ganze Album.

In Sound und Gesang sind Steamgenerator sehr eng an die klassischen Black Sabbath angelehnt, Cesare Piseddu singt bisweilen gar dem Ozzy recht ähnlich. Nicht durchgehend: In manchen Passagen wagt die Band chorartige Gesangsarrangements oder auch am Ende des Titeltracks einen Chant; diese Sequenzen sind eigen, und das nicht als einzige auf dem Album. Denn wie Steamgenerator nicht nur die angesprochenen – übrigens deutschsprachigen, bei englisch verfassten Texten – Samples, sondern auch das Keyboard einsetzen, bringt eine individuelle Note in den wohlig verschleppten Doom.

Dabei ist die Musik glasklar gespielt, die Dunkelheit, die sie vermittelt, hat einen unerwarteten Glanz; an mancher Stelle mag das sogar stören, denn eigentlich gehört in diese melancholische Metal-Melange etwas mehr Dreck. Da darf die Band ruhig den Mut haben, ihre eigenen Stücke zu besudeln; so klingt die Musik mitunter etwas zahmer, als sie offenkundig gemeint ist. Was der Qualität der Songs nicht schadet: Steamgenerator haben das Zeug zum Ohrwurm, trotz der erheblichen Schwere und heavy Riffs schwingt gute Laune mit, auch lässt sich ein latenter Hang zur Hymne nicht leugnen. Nicht zuletzt das „Whisky Ritual“ feiert im Hardrockstil die mitsingbare Freude am „holy water, holy shit“. So klingt ein Trinklied an einem Industriestandort.

Auffällig ist natürlich der Coversong, der in der reinen Download-Variante nicht enthalten ist, sondern nur auf der CDr im Digipak und im dazugehörigen Stream: Steamgenerator schicken „Radioaktivität“ von Kraftwerk in ein Paralleluniversum. Die von den Düsseldorfern 1991 vorgenommene inhaltliche Richtungsänderung des Stücks bleibt hier außen vor, Steamgenerator ersetzen sie durch eigenen Samples und orientieren sich ansonsten am 1975er-Original, inklusive der wunderschönen Harmonien im Instrumentalteil, nur eben eher im Stile der parallel aktiven Black Sabbath. Châpeau!

Zwar gibt es Steamgenerator erst seit drei, vier Jahren, doch sind viele der Beteiligten seit mehr als 30 Jahren miteinander musikalisch aktiv. Man kann die Band als Quersumme aus Inner Bleeding und Grief Of God bezeichnen: Schlagzeuger Christian Steffenhagen spielte bei beiden, Keyboarder Oliver Korsten, Gitarrist Marcus Milbrandt und Bassist Tobias Gloge hinterließen jeweils in einer der beiden Bands ihre Credits, und Sänger Cesare Piseddu ist für sich ein Urgestein in Wolfsburg. Weitere Stationen waren und sind unter anderem Oomph!, Despised und Roadkill Revolution für Gloge, Cryptic Voices für Milbrandt, Transmission Club für Steffenhagen und Milbrandt sowie Britallion für Piseddu. Und nächstes Mal darf die Dampfmaschine gern noch mehr Druck ausüben, dann wird aus der Kohle gewiss ein Diamant.