Pokémon: Mewtwo Strikes Back: Evolution (ミュウツーの逆襲 EVOLUTION) – Motonori Sakakibara & Tetsuo Yajima – J 2019/Netflix 2020

Von Matthias Bosenick (02.03.2020)

Allein der sperrige Titel! Lässt man sich vom Trailer dazu verführen, „Pokémon: Mewtwo Strikes Back: Evolution“ auf Netflix zu gucken, versucht man anfangs noch, die gelungene CGI-Animation der beliebten Taschenmonster zu genießen, die man nicht nur aus dem immer noch populären Handyspiel Pokémon Go kennt. Schnell gehen einem jedoch die Nichthandlung, das Gekreische und die sinnfreien Dialoge auf den Keks. Da kann Pikachu noch so süß gucken: Der Mischfilm „Pokémon Detective Pikachu“ war gelungen, dieses Remake eines 22 Jahre alten Animationsfilms ist Zeitverschwendung.

Müssen die Monster ständig ihren eigenen Namen sagen? Dazu noch die zum Teil recht schlecht wortspieligen deutschen? Mit so schlimmen Stimmen? Müssen die Menschfiguren nervtötende Kinder sein, die kaum einen sinnhaften Satz zustandebekommen und ebenfalls nervige Stimmen haben? Muss das oberböse Pokémon Mewtwo stumpfe selbsterklärende Allmachtsfantasien absondern, anstatt einfach sein Ding zu machen? Und was ist dieses Ding überhaupt, das Mewtwo machen will?

Also: Bei Mewtwo handelt es sich um ein Pokémon, das Menschen aus der DNA des legendären und als verschollen geltenden Mew klonten. Mewtwo ist übermächtig und verschanzt sich auf einer Insel, um dort den besten Pokémon-Trainern der Welt zu begegnen, denen er die besten Pokémon klaut, um sie zu noch besseren zu klonen, um – äh: genau. Was eigentlich? Mewtwo ist doch schon Chefboss und stärker als alle, was denn also ist der Auftrag? Und warum entführt Mewtwo dafür halbwüchsige Jugendliche? Jedenfalls ergattern die tollkühnsten Trainer den Zugang zur sturmgepeitschten Insel trotz abgesagter Fährverbindung und trotzen dem Megamonster, obwohl sie dazu gar nicht in der Lage sind. Der daraus resultierende Kampf ist daher so unspannend wie möglich und doch viel zu arg in die Länge gezogen. Die dann auch noch kitschig hereinbrechende Moral ist: Wir sind doch alle Lebewesen, auch wenn wir geklont sind. Heul, heul, Friede, Freude, Eierkuchen.

Gottchen. Diese Tour de Force hätte man um mindestens eine Stunde kürzen können, ohne entscheidende Handlungsverluste. Immerhin: Wenn schon nicht für Ohren oder Geist, dann ist der Film etwas für die Augen: Die Texturen und Bewegungen der dreidimensional animierten Monster, Pflanzen, Menschen und Meere sind gut gelungen. Und wie schon beim außer der Serie laufenden „Detective“ freut man sich riesig über die Pokémon, die man aus dem Handyspiel, den Kartensets, den Mangas und natürlich den seit 1996 existierenden Videospielen kennt.

Da es sich bei diesem Film um das CGI-Remake des Animes „Pokémon: The First Movie – Mewtwo Strikes Back“, also des ersten Pokémon-Films überhaupt, handelt (selbst stellt er den 22. Film der Reihe sowie den dritten Teil der Subserie „Pokémon: Sun & Moon (Alternate Continuity)“ dar), finden sich – bis auf einen kurzen Auftritt von Donphan – lediglich Monster der ersten Genration wieder, der so genannten Kanto-Region. Den Feuerdrachen Glurak oder das Aushängepokémon Pikachu sieht man gern agieren, Mewtwos Selbstzweifel – eine von Menschen gemachte künstliche Lebensform zu sein – sind immerhin grundlegend, die Stimmung ist angenehm düster, aber dann war’s das auch schon mit dem Positiven. Einziges Update: Um dieses Remake einigermaßen zeitgemäß zu halten, schmuggelte man zwei Bosse von der überflüssigen Spiel-im-Spiel-Variante „Team Go“ in den Film, ohne dass die auch nur irgendeine Relevanz hätten.

Natürlich kann es sein, dass man sich als Europäer mit japanischer Erzählweise nicht auskennt und die sprunghaften Handlungswechsel (die zwei, drei, die es gibt) deshalb narrativ nicht nachvollziehen kann, doch dann erinnert man sich an die vielen Animes mit eindeutig japanischer Ausprägung, die man trotzdem irgendwie nachvollziehen und auf jeden Fall feiern konnte. Natürlich kann es außerdem sein, dass dieser Film für Kinder konzipiert ist und man als Erwachsener gar nicht angesprochen sein soll, doch dann erinnert man sich an die vielen Kinderfilme, die man auch als Erwachsener feierte, unter anderem aus den Aardman-Studios. Geht also alles auch in gut. Es bleibt das Fazit: Zeitverschwendung.